PRESSE: Leserbrief zum Interview „Gegen wachsende Plastikmüllberge“

Erschienen in Packmittel 3 / 2019, Seite 42 – 44.

„Wir reduzieren keinen Verpackungsmüll, wenn wir Kunststoff vom Hof jagen“

Seit Monaten wollen wir in unserem Land, getrieben von vielen Faktoren, von jetzt auf gleich die Welt retten. Die Politik als Getriebene – ohne Weitsicht – immer den Tunnelblick des eigenen Interesses des hier und jetzt vor Augen, dabei sich in der Parteienlandschaft selbst überbietend, zieht man die Thematik des Klimawandels mit der Anti-Kunststoffwelle im Schlepptau billigend hinterher.

Von viel zu viel Plastikmüll ist die Rede, welcher u. a. verantwortlich für tausende von kilometerlangen Plastikteppichen in den Ozeanen zeichnet! Doch was ist der Grund dafür? Steht da nicht der Faktor Mensch dahinter? Aber darum geht es offensichtlich gar nicht in der Darstellung der eigentlichen Problematik. Es geht hierbei wie in vielen anderen Dingen nicht um die Realität, sondern es geht um die Wahrnehmung!

So wird auch nicht hinterfragt wie unsere Abfälle all die Jahre in die Weltmeere gelangen konnten, obwohl wir in unserem Land als Vorreiter einer vermeintlich funktionierenden Kreislaufwirtschaft gelten. Auch ist es offensichtlich nicht von Interesse, wo nach fast 30 Jahren DSD das ganze eingenommene Geld für den Grünen Punkt hingegangen ist. Warum nicht kontinuierlich in neue Technologien investiert wurde, anstatt – gegen jeden Umweltgedanken – zu exportieren, wird ebenfalls nicht thematisiert. Und das es keinen der Verantwortlichen augenscheinlich interessierte, was mit den Abfällen in diesen Ländern passiert, bleibt ebenfalls unberührt und gänzlich auf der Strecke.

Da wir aus bekannten Gründen nicht mehr exportieren können, sitzen wir nun förmlich auf unserem Müll. Aus diesem Grund haben wir kein Plastik, bzw. Kunststoffverpackungsproblem, sondern wir haben ein noch nicht gänzlich gelöstes Recyclingproblem. Bedingt durch jahrelange Versäumnisse in diesem Bereich. Und diese Versäumnisse stellen sich nun als ultimatives Abfallproblem dar! Denn beim geplanten Reduzieren des Kunststoffanteils einerseits, erhöhen wir auf der anderen Seite den Anteil anderer Materialen im Verpackungsmüll! De facto werden die Abfallmengen also nicht geringer, sondern unterliegen lediglich einem Materialaustausch. Die nach wie vor sehr hohen Verpackungsmüllmengen bleiben bestehen.

Das alles interessiert aber in der Diskussion nicht und wird auch nicht hinterfragt. Der Kunststoff steht in der Gesellschaft gezielt im Fokus und muss für alles herhalten. Die Kunststoffverpackung und der Kunststoffverpackungsmüll sind das Übel, bei welchem schnellstens einschneidende Maßnahmen zu ergreifen sind, ansonsten ist die Welt scheinbar verloren. So wird es dem Bürger mit viel Polemik, falschen Informationen und Halbwahrheiten verkauft! Und fragt man Leute auf der Straße, warum Kunststoff so schlecht für die Umwelt ist, bekommt man die Antwort: „wegen der Vermüllung der Weltmeere“! So viel zum ehrlichen Umgang mit Problemen, Defiziten, Missständen von Seiten der Behörden, der Politik und von öffentlichen Einrichtungen gegenüber unserer Gesellschaft!

Leider hält auch die Polemik, sowie die Unsachlichkeit, gespickt mit Halb- und Unwahrheiten auch bei uns in der heimischen Verpackungslandschaft Einzug, wie das Interview mit Heiko Mack von Kuraray, belegt und welches ich so in dieser Form nicht stehen lassen möchte.

Hier im Interview ist die Rede davon, dass Plastikmüll die Umwelt zunehmend belastet. Hierzu ist zu sagen, das jede Art von Materialmüll die Umwelt belastet, egal ob in der Landschaft, auf Deponien oder in unseren Flüssen und Weltmeeren. Auch findet nicht nur eine zunehmende Belastung der Umwelt durch Kunststoffverpackungen, sondern durch Verpackungen aller Art statt, was als große Herausforderung zu sehen ist. Denken wir nur an die Verpackungsexplosion im Online- Handel, oder an den nicht unerheblichen Anteil von Verbundverpackungen in der Konsumgüterindustrie. In dem Zusammenhang wäre ich ebenfalls mit dem Herausheben von Verpackungsbeschichtungen vorsichtig. Denn ob diese Beschichtungen dann so nachhaltig sind, werden die Testergebnisse externer Prüfinstitute belegen. Auch fehlt der fundierte Nachweis, ob beschichtete Materialen den zukünftigen Anforderungen der Kreislaufwirtschaft standhalten.

Zu der Aussage „Alternative Materialen zu finden, die Kunststoff ersetzen können ist wichtig, um Verpackungsmüll zu reduzieren“ ist zu sagen, dass es in unser aller Interesse im Namen der Verpackungsindustrie sein sollte, an einem Strang zu ziehen. Wir sollten uns nicht gegenseitig schlecht reden und uns auch nicht an polemischen Aussagen beteiligen.

Und nochmal, wir reduzieren keinen Verpackungsmüll, wenn wir die Kunststoffe vom Hof jagen, sondern ersetzen dieses Material nur mit einem anderen Material. Das Verpackungsmüllproblem geht uns alle an, obwohl momentan nur von Kunststoffen die Rede ist.

Von Thomas Pfaff, Geschäftsführer der Seufert Gesellschaft für transparente Verpackungen mbH, Rodgau